VRM Wochenblätter
Von Riffen, Katzen und Frau Holles Pfannkuchen
Der Begriff „Loch“ findet sich an ganz unterschiedlichen Orten und für unterschiedliche Beschreibungen
von Redaktion
In diesem Loch soll sich der Eingang zum Schloss von Frau Holle verbergen. Archivfoto: Erich Stock
Wer eine Stadt besuchen möchte, eine Wanderung oder Radtour plant, stößt bei der Recherche – egal ob analog mit Karte oder digital im Netz – gerne mal auf „Löcher“ in der betreffenden Region. Manche sind tatsächlich geografische Bezeichnungen, andere werden umgangssprachlich benutzt oder sind mit einer Geschichte verbunden.
Das „Binger Loch“ im Rhein
Zu den bekanntesten gehört sicherlich – nicht nur in der Region – das Binger Loch. Gelegen im Unesco Welterbe Mittelrheintal – eine Gegend, die immer einen Besuch wert ist – verengt sich der Rhein hier bei Flusskilometer 530,8, wenige Meter stromabwärts entfernt vom berühmten Binger Mäuseturm und der Burg Ehrenfels.
Bis ins 19. Jahrhundert stellte die Passage ein echtes Hindernis für die Rheinschifffahrt dar, überquert der Rhein hier ein quer zum Fluss verlaufendes Quarz-Riff.
Erstmals im 17. Jahrhundert wurde die Stelle auf der rechten Seite überhaupt passierbar gemacht, als es gelang, eine Scharte in die Felsbarriere zu sprengen – das sogenannte Binger Loch.
Bei den preußischen Sprengungen 1830 bis 1841 konnte das Loch auf 14 Meter verbreitert werden, 1893 erreichte man eine Breite von 30 Metern und mit der Verbreiterung auf die heutigen 120 Meter in den Jahren von 1966-74 konnte die Stelle flussauf- und abwärts passiert werden. Heute ist das Binger Loch problemlos von Schiffen zu befahren, von dem einstigen Riff sind noch drei Felsen im Strom geblieben, die Lochsteine.
Das „Katzeloch“ in Wiesbaden
Nur wenige Kilometer weiter, in Wiesbaden, kennen vor allem die Einheimischen das „Katzeloch“. Hierbei handelt es sich nicht um einen beliebten Treffpunkt der schnurrenden Vierbeiner, sondern um ein Stadtquartier rund um die Bergkirche. Verbunden mit der Entwicklung der Stadt zur vornehmen Kurstadt Anfang des 19. Jahrhunderts begann man, preiswerten Wohnraum für Arbeiter und Handwerker, Kellner und Köche der Hotels im Quellenviertel und Dienstboten und Kleinhändler zu schaffen – außerhalb der Sichtweite der Gäste. Schmucklose, einstöckige Häuser für die unteren Einkommensschichten entstanden von 1808 bis 1811 rund um die Nerostraße; klein, schmal und eng waren sie und wurden von den Wiesbadenern als „Katzenlöcher“ bezeichnet. In den 1960er Jahren drohte dem Bergkirchenviertel der Abriss, man besann sich aber eines Besseren und investierte ab 1973 mehr als 50 Millionen Euro in die Sanierung des Viertels, das heute schmuck daherkommt. Einen Eindruck, wie ein „Katzeloch“ausgesehen hat, vermittelt als einziges Gebäude heute noch das 1812 erbaute Gasthaus „Bobbeschänkelche“ in der Röderstraße.
Frau-Holle-Loch im Vogelsberg
Ein anderes Loch führt der Sage nach dagegen zu einem prächtigen Schloss: das Frau-Holle-Loch bei Frischborn im Vogelsberg. In den Fels öffnet sich eine einige Meter tiefe Höhle, in der sich der Eingang zum tief in der Erde liegenden Schloss von Frau Holle befinden soll. Der Rastplatz am Felsen für Wanderer und Radfahrer sollte vielleicht um die Mittagszeit besucht werden, soll doch Frau Holle persönlich dann heraustreten und vorbeikommende Besucher freundlich mit Pfannkuchen bewerfen. Auch an lauen Sommerabenden soll sie gesichtet worden sein, wenn sie im Mondschein mit Elfen und Zwergen vor der Höhle tanzt.
Das „Lerche-Loch“ am Altrhein
Besonders am Strand werden ja von Urlaubern gerne Löcher gebuddelt. Es gibt aber natürlich auch Firmen, die professionell nach Sand graben. Die Familie Lerch aus Nierstein wurde bereits 1900 als Besitzerin eines Baggerunternehmens geführt. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite – dem Goldgrund – wurde bis 1986 Sand gewonnen. An der Stelle des Sandabbaus entstand nach der Einstellung des Betriebs ein kleiner Yachthafen, der heute als „Lerche-Loch“ bekannt ist. Und überhaupt gibt es besonders an diesem Altrheinarm rund um die Flussinsel Kühkopf noch weitere Löcher.
Erfeldener „Neujahrsloch“
Bei Erfelden ist das „Neujahrsloch“ zu finden. Hier handelt es sich nicht um eine Sammelstelle von verkaterten Menschen nach der Silvesternacht. Ein Dammbruch am Neujahrstag 1882/83 sorgte für eine Überschwemmung, zurückgeblieben ist das Neujahrsloch, das heute als Badestelle genutzt wird. Nicht weit davon entfernt kann man die Bruderlöcher besichtigen, ein 16 Hektar großes Naturschutzgebiet, das bekannt ist für seine artenreichen Wiesen und seltene Pflanzen- und Tierarten. Entstanden sind diese wertvollen Ökosysteme durch Strudellöcher, sogenannte Kolke. Auch sie sind durch Dammbrüche entstanden, wann genau, ist nicht bekannt, aber in alten Karten aus dem Jahr 1738 sind sie bereits verzeichnet.
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