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Mehr als ein Loch, aus dem nur Wasser sprudelt

Mineralquelle in der Gemeinde Selters/ Ts. wird 1536 erstmals urkundlich erwähnt – Selterswasser ist in der ganzen Welt bekannt

von Redaktion

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Foto: Karl-Heinz Köppner

Im Brunnentempel ist die Quelle gefasst. Hier wurde früher das Wasser in die Tonkrüge abgefüllt. Foto: Dagmar Buchmann

Wer kennt ihn nicht, den Begriff Selters? Ob nun als Titel von Marius Müller-Westernhagens LP „Sekt oder Selters“ aus dem Jahre 1987 oder als Tafelwasser-Bestellung in einem Restaurant oder Café. Selterswasser ist in aller Munde, zumindest der Name. Aber die wenigsten wissen, dass die Quelle des weltberühmten Selterswassers aus einem rund 15 Meter Erdloch in der rund 8100 Einwohner zählenden Gemeinde Selters im Taunus entspringt.

Namensursprung

Der Name Selters stammt höchstwahrscheinlich von der römischen Bezeichnung „aqua saltare“ (lat. „tanzendes Wasser“) ab, woraus im Laufe der Zeit zunächst „Saltrissa“ und dann „Selters“ wurde. Der Duden führt als Synonyme die Begriffe Selter, Selters, Selterswasser, Selterwasser und Selterser. Im Jahre 1536 wurde die Niederselterser Mineralquelle erstmals urkundlich erwähnt, doch erst 1581 beschrieb der Arzt Jakob Theodor Tabernaemontanus die Heilwirkungen des Selterswassers ausführlich.

Wer die wechselhafte Geschichte eines der einstmals erfolgreichsten Mineralbrunnen Deutschlands näher kennenlernen will, der sollte dem im Jahre 2011 eröffneten Selterswassermuseum einen Besuch abstatten. Hier finden sich historische Exponate und informativ gestaltete Info-Tafeln zur wechselvollen Geschichte des Brunnens im Taunus. Auch eine Trinkprobe in der Haustrunkhalle darf nach dem Rundgang natürlich nicht fehlen.

Deutschlands Gesundbrunnen

Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts besuchten vermehrt Wasserhändler und Kurgäste den Brunnen. Die Ärzte jener Zeit priesen das Selterswasser als köstliche Arznei und Prof. Friedrich Hoffmann nannte 1727 die Seltersquelle den berühmtesten Gesundbrunnen Deutschlands. Zwischen 1700 und 1753 betrieben Niederselterser Unternehmen erfolgreich den Wasserverkauf. Danach übernahm das Kurfürstentum Trier die lukrativen Brunnengeschäfte in eigener Regie. Niederselters entwickelte sich zu einem Kurort in dem Hotels und große Gasthöfe entstanden und ein Brunnenarzt praktizierte. Das Wasser aus dem Brunnen wurde aufgrund seines hohen Mineralgehalts von vielen als Heilwasser betrachtet. Zum Schutz des Brunnens wurden Soldaten in unmittelbarer Nähe stationiert. 1815 besuchte Deutschlands Dichter, Johann Wolfgang von Goethe den Seltersbrunnen, der seit 1806 zum Herzogtum Nassau gehörte. Bis 1866 wurden jährlich Millionen Tonkrüge mit dem kohlensäurehaltigen Wasser gefüllt und in die ganze Welt, darunter London, New York, Moskau, St. Petersburg und Paris sogar China, versandt.

Dunkler Teil der Geschichte

Zu der Zeit war der Seltersbrunnen der umsatzstärkste deutsche Mineralbrunnen mit über fünf Millionen Füllungen jährlich. Als Preußen 1866 das Herzogtum Nassau annektiert hatte, wurde der Seltersbrunnen ein königlich-preußischer Staatsbetrieb. Er wurde modernisiert und erhielt 1876 einen Gleisanschluss. Zwischen 1870 und 1914 ersetzte die Glasflasche den Tonkrug. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden der Brunnentempel zur Abfüllung des Wassers, eine geräumige Lagerhalle und ein Bürogebäude errichtet. Nach dem 1. Weltkrieg (1914 bis 1918) verlor der Brunnen seine Absatzmärkte und die Umsätze gingen rapide zurück. Ein weiterer Einschnitt in der Geschichte des Mineralbrunnens stellte die Übernahme durch Hitlers Schutzstaffel, die SS, dar. Diese hatte damals eine ganze Reihe von Brunnen beschlagnahmt, um die im Ausland kämpfenden Truppen mit deutschem Mineralwasser versorgen zu können. Ein dunkler Teil der Geschichte, da zur Arbeit im Mineralbrunnen auch 30 russische Zwangsarbeiterinnen herangezogen wurden, die dort unter schlimmen Bedingungen, mit ihren Kindern in Arbeitslagern leben mussten. Heute erinnert eine Gedenktafel in Niederselters an diese Ereignisse.

„Ein Ort für die ganze Gemeinde“

1990 übernahm schließlich eine namhafte hessische Brauerei den Brunnen, stellte jedoch nach neun Jahren die Produktion ein. 2001 erwarb die Gemeinde Selters die fast 500 Jahre bekannte Quelle und sanierte die Jugendstilgebäude für rund 7 Millionen Euro, auch finanziert durch Fördermittel. Der Brunnentempel erhielt sein altes Aussehen wieder, in der ehemaligen Lagerhalle befinden sich das Museum und der Haustrunkraum, Gesellschaftsräume und eine Kinderkrippe. „Wir haben damals für die Anlage ein ganz neues Konzept erarbeitet. Hier werden schon die Kleinsten in der Kinderkrippe betreut und es können in den Gesellschaftsräumen Geburtstage, Hochzeitsfeiern oder Weinproben stattfinden. Ein Ort für die ganze Gemeinde also“, sagt Dr. Norbert Zabel, der ganz wesentlich zu der Erhaltung dieses Industrie- und Kulturdenkmals beigetragen hat. Heute wird Selterswasser aus den Brunnen in Löhnberg-Selters und Bad Camberg-Oberselters auf dem Mineralwassermarkt erfolgreich angeboten. Weitere Infos und Anfragen zu Führungen durch das Museum gibt es bei der Gemeindeverwaltung Selters (Taunus), Am Urseltersbrunnen 5, 65618 Selters, E-Mail info@selters-taunus.de, Telefon 06483-91220, www.selterswassermuseum.de.

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